Von der Krabbelstube zum Facharbeiter
Betriebliche Frauenförderung in der Industrie
Die PRO-GE Frauen wollen auch in Industriebetrieben das Bewusstsein für frauen- und familienfreundliche Arbeitsbedingungen schärfen. In einer groß angelegten Umfrage wurde daher erstmals abgefragt, wie es z. B. mit Kinderbetreuung, Wiedereinstieg nach der Karenz oder mit Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiterinnen aussieht. Greiner Packaging ist dabei mit vielen positiven Maßnahmen aufgefallen. Die PRO-GE Bundesfrauenvorsitzende Elfriede Schober hat das Chemieunternehmen in Kremsmünster besucht und mit der Personalchefin Caroline Brunner und dem Betriebsratsvorsitzenden Ernst Zimmermann ein angeregtes Gespräch geführt. Die „Glück auf!“ hat sie dabei begleitet.
„Glück auf!“: Warum ist es Greiner Packaging wichtig, ein frauen- und familienfreundliches Umfeld zu schaffen?
Caroline Brunner: Uns geht es dabei um Inklusion allgemein. Wir wollen niemanden im Betrieb ausschließen, egal zu welchem Geschlecht sich die Person bekennt. Auch der Arbeitsmarkt hat sich verändert, sodass man heute auch als Unternehmen gute Arbeitsbedingungen bieten muss. Und auf das Potenzial von Frauen kann man sowieso nicht mehr verzichten.
Ernst Zimmermann: Als Belegschaftsvertretung sehen wir das natürlich auch so. Es ist wichtig, Kolleginnen im Team zu haben, die ein besseres Gespür für die Anliegen von Frauen haben.
Inwieweit fördert die Gewerkschaft dieses Thema?
Elfriede Schober: Wir haben drei Möglichkeiten das zu pushen: Erstens auf betrieblicher Ebene mittels Aufklärung, zweitens versuchen wir im Kollektivvertrag gute Regelungen zu schaffen und drittens wirken wir auf die politische Ebene ein, um Vollzeitarbeit für Frauen möglich zu machen. Wir haben immer noch eine zu hohe Teilzeitquote bei Frauen und das führt zu Altersarmut. Wir kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben von Frauen – vom ersten Arbeitstag bis zur Pensionierung.
Inwieweit kann sich der Betriebsrat bei den betrieblichen Maßnahmen beteiligen?
Zimmermann: In Fragen der Weiterbildung aber auch in den Angelegenheiten des Betriebskindergartens sind wir mit der Geschäftsleitung in ständigem Austausch.
Seit wann gibt es den Betriebskindergarten bei Greiner und was hat sich dadurch verändert?
Brunner: Den Kindergarten gibt es seit mehr als 20 Jahren. Damals waren wir damit auch Trendsetter. Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz hat seit einigen Jahren vermehrt an Bedeutung gewonnen. Da geht es auch verstärkt um Frauen in der Technik und in Führungspositionen.
Zimmermann: Wir haben früher auch nicht groß Werbung mit dem Betriebskindergarten gemacht, sodass dies meistens nur die Kolleginnen und Kollegen im Betrieb wahrgenommen haben. Es gibt tatsächlich Kinder, die den Kindergarten besucht haben und inzwischen selbst ausgelernte Fachkräfte im Unternehmen sind. Man kann also sagen: von der Krabbelstube zum Facharbeiter.
Welche Vorteile hat ein Betriebskindergarten gegenüber einem öffentlichen Kindergarten?
Schober: Die Kinderbetreuung ist in den Bundesländern von sehr unterschiedlicher Qualität. Leider sieht es in vielen ländlichen Regionen weder mit den Angeboten noch mit den Öffnungszeiten gut aus. Sie ermöglichen keinen Vollzeitjob, schon gar nicht in einem Industriebetrieb mit Schichtarbeit. Da hilft ein Betriebskindergarten enorm. Dennoch braucht es mehr politisches Engagement für bessere Kinderbetreuung in ganz Österreich.
Gibt es in den Sommerferien zusätzliche Angebote?
Brunner: Es gibt verschiedene Sommerferienprogramme für Kinder, um die sich die unterschiedlichen Gesellschaften von Greiner selbst kümmern. Das reicht von Kinder-Unis über Spielangebote bis hin zu Lernprogrammen. Die Betreuung ist spezifisch auf die Altersgruppe abgestimmt und dementsprechend unterschiedlich – teilweise sind da auch 14-jährige Kinder dabei.
Wie geht der Betrieb mit kurzfristigen Betreuungspflichten um? Gibt es da flexible Lösungen?
Brunner: Ich glaube, dass wir da durchaus flexibel reagieren. Wir haben verschiedene Arbeitszeitmodelle, wo wir darauf auch Rücksicht nehmen und aushelfen können. Wir sind die Letzten, die bei Zeitausgleich oder notwendigem Urlaub Nein sagen.
Schober: Bedeutet das, dass ihr im Schichtmodell so flexibel seid, dass ihr diese an Bedürfnisse der Familiensituation der Beschäftigten anpassen könnt?
Brunner: Da gibt es sicher noch Verbesserungspotenziale. Es geht da um Einzelfälle und da schauen wir, dass wir den Bedürfnissen nachkommen.
Wie schaut der Wiedereinstieg nach der Karenz aus?
Brunner: Grundsätzlich ist es uns wichtig, dass die Rückkehr an den Arbeitsplatz gut funktioniert. Wir schauen, dass wir in unserem Arbeitspool die voraussichtliche Rückkehr der in Karenz befindlichen Beschäftigten berücksichtigen und sie auch frühzeitig kontaktieren, wenn wir Positionen zu besetzen haben. Dennoch möchte ich bei dieser Frage auf ein brisantes Thema hinweisen, das uns bei der Personalplanung durchaus vor Probleme stellt, nämlich der Trend der Karenzverlängerung durch die Bildungskarenz. Viele wissen nicht, dass damit der Kündigungsschutz wegfällt, und das ist für uns schwer zu planen. Das kann zu Irritationen führen.
Schober: Die ganze Karenz- und Kinderbetreuungsgeldthematik wird leider auch immer komplexer. Da passen der Karenzanspruch und das Kinderbetreuungsgeld nicht mehr zusammen. Es gibt auch noch die Elternteilzeit. Das ist alles sehr kompliziert. Wir brauchen da eine Korrektur und ein klares, verständliches System.
Zimmermann: Wir versuchen mit den Kolleginnen und Kollegen auch in Karenz in Kontakt zu bleiben und haben auch unser Greiner Care Package und ein Gesundheitsprogramm, an dem auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Karenz mitmachen können. Ich sage immer: Nicht da, aber immer ein Teil der Firma.
Ist es in der Belegschaft oder Führungsebene ein Problem, wenn männliche Kollegen in Karenz gehen wollen?
Zimmermann: Unter den Kollegen gibt es da keine negative Diskussion. Das wird inzwischen akzeptiert.
Brunner: Wir haben durchaus männliche Kollegen, die in Karenz gehen, auch wenn es noch wenige sind. Ich persönlich unterstütze das, weil ich überzeugt bin, dass Care-Arbeit geteilt gehört.
Und wie sieht das mit dem Papamonat aus?
Brunner: Der Papamonat wird im Vergleich zur Väterkarenz sogar stärker in Anspruch genommen.
Welche Rolle spielt Weiterbildung beim Thema Frauen in der Arbeitswelt?
Brunner: Weiterbildung ist natürlich in unserem Sinne. Der Arbeitsmarkt verändert sich stetig und so auch die Kompetenzen, die wir im Unternehmen benötigen. Stichwort Digitalisierung. Wir schauen, dass wir das strukturiert angehen, und den Bildungsbedarf in den Fachabteilungen erheben und da spielen natürlich auch weibliche Fachkräfte eine wichtige Rolle.
Ihr habt auch weibliche Führungskräfte im Arbeiterbereich?
Zimmermann: Ja, zwei Kolleginnen sind Schichtleiterinnen und leiten Gruppen von 15 bis 20 Personen. Die Kolleginnen haben sich im Betrieb weitergebildet und im Bewerbungsprozess waren sie am besten geeignet. Aus den Schichten gibt es nur positive Rückmeldungen dazu.