Deindustrialisierung in Europa stoppen!
Tausende Gewerkschafter:innen bei Kundgebung für gute Industriearbeitsplätze in Europa
Die Deindustrialisierung Europas ist nicht mehr nur eine Bedrohung, sondern Realität, warnt der Dachverband der Industriegewerkschaften industriAll Europe. Zwischen 2008 und 2023 gingen in der Europäischen Union 2,3 Millionen Arbeitsplätze im produzierenden Sektor verloren, darunter fast eine Million Arbeitsplatzverluste alleine seit 2019. Die Ursache sieht industriAll im Fehlen einer klaren europäischen Industriestrategie und eines entsprechenden Plans, schlechter Unternehmensentscheidungen und ausbleibender Investitionen in die Industrie.
Betroffen seien nicht nur traditionelle Sektoren, sondern auch die neuen Branchen, die eigentlich als Arbeitsplätze der Zukunft galten. Dass die EU gleichzeitig ihre Finanzregeln verschärft und damit Investitionsmöglichkeiten beschneidet, wenn sie am dringendsten nötig wären, kritisiert industriAll als rücksichtslose Selbst-Sabotage. Europa stehe an einem Scheideweg: Deindustrialisierung ohne Gegenmaßnahmen oder Stärkung der Investitionen und der industriellen Strategie. Alleine werden es die einzelnen Länder nicht schaffen, europäische Lösungen sind nötig.
Aus diesem Grund rief industriAll Europe für den 5. Februar zu einer großen Demonstration in Brüssel auf. Europa stehe heute vor der Wahl, sagte industriall-Generalsekretärin Judith Kirton-Darling bei der Kundgebung: "Entweder deindustrialisieren, unsere Arbeitsplätze und unsere industrielle Führungsrolle verlieren und Europa von Importen abhängig machen, Entscheidungen ausgeliefert, die anderswo auf der Welt getroffen werden, oder wir investieren in unsere Arbeitsplätze mit allen verfügbaren Instrumenten, um unsere industrielle Autonomie und unsere wirtschaftliche Sicherheit zu gewährleisten.“
Konkret fordert industriAll fünf Sofortmaßnahmen, um eine Deindustrialisierung zu verhindern:
- Beschäftigten und Industriekapazitäten schützen
Umsetzung eines Moratoriums für betriebsbedingte Kündigungen und die Verschrottung von Industrieanlagen durch ausgehandelte Pläne und SURE 2.0, um in unsere Menschen zu investieren. - Investieren - Austerität stoppen
Überarbeitung der finanzpolitischen Regeln zur Finanzierung von Initiativen für einen sozialen und sauberen Übergang. - Das öffentliche Auftragswesen einsetzen, um die Nachfrage zu beleben
Soziale Bedingungen in öffentlichen Aufträgen nutzen, um lokale Investitionen zu fördern. - Die Investitionslücke schließen
Verbleibende Mittel bereitstellen, um unsere Industrien zu unterstützen. - Industrielle Widerstandsfähigkeit auf globalen Märkten sicherstellen
Globale Überkapazitäten und unfairen Handel bekämpfen, um europäische Arbeitsplätze zu schützen.
und stellt fünf Forderungen für Investitionen, um einen echten "Industrial deal" zu erreichen:
- Einen Kompass für einen gerechten Übergang
Investitionen in Schulung, um eine faire Umstellung auf nachhaltige Industrien zu gewährleisten. - Einen umfassenden Industrieplan
Aktive Industriepolitik mit sozialen Konditionalitäten bei allen öffentlichen Investitionen für integratives Wachstum. - Ein Recht auf Energie
Gewährleistung eines Rechts auf Energie zu Hause und am Arbeitsplatz durch Investitionen in moderne Netze und Infrastrukturen für reichlich vorhandene, erschwingliche, zuverlässige und kohlenstoffarme Energie. - Demokratie am Arbeitsplatz
Stärkung der Tarifverhandlungen und der Arbeitnehmerbeteiligung an der Entscheidungsfindung. Nichts über uns ohne uns. - Garantien für die globalen Lieferketten
Gewährleistung fairer Einkaufspraktiken und menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht entlang der Lieferketten.
Ein Industrie kann nicht mehr umgestaltet werden, wenn sie einmal verloren ist, so industriAll, aber "gemeinsam können wir ein widerstandsfähiges, nachhaltiges Europa mit guten Industriearbeitsplätzen für alle aufbauen."