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EFFAT: Nachhaltige Landwirtschaft geht nur mit ordentlichen Arbeitsbedingungen

Tod eines Erntearbeiters in Italien zeigt die Notwendigkeit auf, die Ausbeuteung in der Landwirtschaft zu beenden

Der Tod eines indischen Erntearbeiters Ende Juni löste in Italien, aber auch in der internationalen Gewerkschaftsbewegung Entsetzen aus. Der 31-jährige Satnam Singh, der ohne offiziellen Arbeitsvertrag auf einem Feld in der italienischen Provinz Latina südlich von Rom arbeitete, zog sich schwerste Verletzungen zu, als er bei der Arbeit in eine Maschine geriet, unter anderem wurde ihm ein Arm abgetrennt. Anstatt Erste Hilfe zu leisten oder die Rettung zu verständigen, verbrachte der Arbeitgeber, der nach aktuellem Ermittlungsstand auch den Traktor lenkte, mit dem die Maschine gezogen wurde, den Erntearbeiter zu seinem Wohnhaus und ließ ihn dort einfach liegen. Den abgetrennten Arm legte er nebem den Schwerverletzen in einer Obstkiste ab.

Freunde und Mitbewohner Singhs verständigten schließlich die Rettung. Der 31-jährige wurde per Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht, verstarb aber zwei Tage später aufgrund des hohen Blutverlustes. Der Agrarunternehmer sei mittlerweile wegen vorsätzlicher Tötung verhaftet worden, erklärte die Staatsanwaltschaft von Latina am 3. Juli.

Das Schicksal Satnam Singhs zeige, dass das Produktionsmodell Landwirtschaft die Ausbeutung von Menschen inkludiert und damit auch solche Tragödien nicht ausschließe, kritisiert die Europäische Gewerkschaftsföderation für den Landwirtschafts-, Nahrungsmittel- und Tourismussektor EFFAT. Der Tod des Inders sei keineswegs ein Einzelfall. Erst vor einem Jahr seien sechs Saisonarbeiter in der französischen Champagne zu Tode gekommen, erinnert der Gewerkschaftsdachverband. Dass dem Profit der Vorzug gegenüber den Rechten von Arbeitnehmer:innen und dem menschlichen Leben gegeben wird, sei im Agrarsektor traurige Realität.

EFFAT fordert die europäischen Institutionen und die nationalen Regierungen auf, die seit dem Vorjahr in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) verankerte soziale Konditionalität, die EU-Fördergeldern an die Einhaltung von Arbeitsrechten bindet, umzusetzen und weiter zu stärken. Die GAP fokussiere immer noch zu sehr auf Produktivität und Preise und zu wenig auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der ca. 10 Millionen Arbeiter:innen in der europäischen Landwirtschaft.

Eine Forderung, die von der PRO-GE voll unterstützt wird. Bereits bei der Beschlussfassung zur GAP vor drei Jahren kritisierte die PRO-GE, dass die soziale Konditionalität zwar grundsätzlich ein Erfolg, die konkreten Regelungen aber in der Praxis zahnlos seien – ein Vermächtnis nicht zuletzt der damaligen österreichischen Landwirtschaftsministerin Köstinger, die mit aller Macht die soziale Konditionalität zu Fall bringen wollte. Dass der Arbeitgeber von Satnam Singh EU-Fördergelder bezogen hat, bestätigt die damalige Kritik nun auf die tragischste Weise.