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EU-Wahl 9. Juni 2024

Leiter der PRO-GE Abteilung Kollektivverträge & Branchen
Gerald Kreuzer, PRO-GE Branchensekretär und Kandidat zur EU-Wahl

Ohne soziale Säule funktioniert Europa nicht

Ein spannendes Bild zeigt die letzte Eurobarometer-Umfrage vor der EU-Wahl für Österreich: Interesse und Skepsis gegenüber der EU sind in der Bevölkerung gleichermaßen ausgeprägt. Doch gerade Gewerkschaften engagieren sich an der Mitwirkung im EU-Raum. Warum das so ist, darüber haben wir mit Gerald Kreuzer gesprochen. Er ist Branchensekretär in der PRO-GE und kandidiert für das EU-Parlament.

Was treibt dich an, für das Europäische Parlament zu kandidieren?
Für uns als Gewerkschaft ist Europa enorm wichtig, weil Entscheidungen, die unsere Industrien und damit die Arbeitsplätze betreffen dort getroffen werden. Wir haben daher ein großes Interesse an diesen Fragen mitzuarbeiten.

Wie betrifft das deine Arbeit?
Ich bin in der PRO-GE zum Beispiel für die Papier- und Textilindustrie zuständig. Diese Branchen sind sehr global aufgestellt. Da gab es von den Betriebsrät:innen immer schon ein großes Interesse zu wissen, was sich international abspielt.

Kannst du das an Beispielen konkretisieren?
Im Textilbereich haben wir konkret am Lieferkettengesetzt mitgearbeitet. Dieses nimmt jetzt Konzerne weltweit in Fragen des Arbeitsrechts in die Verantwortung, wenn sie die Produktion auslagern. In einem anderen Beispiel ging es um eine Verordnung zur Abfallvermeidung, die den Papiersektor massiv getroffen hätte. Wir haben zusammen mit dem Arbeitgeberverband auf der europäischen Ebene einen Sozialdialog, wo ich Vorsitzender bin. Wir konnten durch Interventionen glaubhaft belegen, dass die Annahmen in einer ursprünglichen Fassung einer geplanten Richtline so nicht korrekt waren und konnten damit Standorte und Arbeitsplätze in der Papierindustrie absichern.

Man könnte in der Öffentlichkeit den Eindruck gewinnen, es gäbe da eine gewisse Distanz oder Gleichgültigkeit zur EU Wahl. Wie erklärst du dir das?
Wir sind inzwischen beinahe 30 Jahre in der EU. Die jüngeren Menschen kennen kein anderes Leben und für die ältere Generation ist die EU inzwischen ein integrativer Bestandteil des Lebens. Viel Positives, das die EU bringt, wird gar nicht mehr wahrgenommen. Was wir aber brauchen, ist auch eine soziale Säule in Europa; sonst funktioniert die Idee nicht. Es kann nicht immer nur um die Wirtschaft gehen. Die Menschen müssen etwas davon haben. Sie müssen einen Aufschwung und Verbesserungen spüren. So ist man auch für die europäische Idee zu begeistern.

Was würdest du antworten, wenn jemand behauptet, „alleine“ ginge es besser?
Ein Blick nach Großbritannien gibt die Antwort von selbst. Es gibt eine aktuelle Umfrage, die belegt wie extrem negativ die Menschen und die Wirtschaft vom BREXIT betroffen sind. Die Wirtschaft ist massiv zurück gegangen, Das BIP ist eingebrochen, die gesundheitliche Versorgung schlechter und vieles mehr. Auch in Österreich können wir wirtschaftlich nicht isoliert agieren. Da stellt sich die Frage gar nicht.

Warum soll man zur EU Wahl gehen?
Wir haben 2024 die Gelegenheit, sogar zweimal die Richtung Europas mitzuentscheiden. Einmal direkt bei der Europawahl im Juni, wo wir das EU-Parlament wählen. Und im Herbst haben wir die Möglichkeit, bei der Nationalratswahl die nationale Regierung zu wählen. Die Staats- und Regierungschefs sind auf der europäischen Ebene die großen Richtungsgeber für die EU-Kommission – und das EU-Parlament ist das Gegengewicht dazu. Es ist wichtig, dass wir da einen entsprechenden Interessenausgleich haben und als Arbeitnehmer:innen einen Standpunkt einnehmen.

Für was stehst du bei dieser Wahl?
Wir setzen uns als PRO-GE für eine aktive Industrie und Standortpolitik ein. Wir wollen Arbeitsplätze in der produzierenden Industrie erhalten. Dabei wollen wir die Transformation, die unaufhaltsam auf uns zukommt, mitgestalten, sodass niemand auf der Strecke bleibt. Beim Umbau der Industrie und Gesellschaft müssen auch soziale und ökologische Fragen berücksichtig werden. Wir stehen für eine Demokratisierung in der Wirtschaft. Es geht darum, die Rechte der Betriebsräte und die Mitwirkungsmöglichkeit der Europabetriebsräte auszubauen.

Stimme für Demokratie! Geh wählen!

Die Europäische Union in Zahlen

27 Mitgliedstaaten

24 Amtssprachen

Fläche 4.103.987 km²

Einwohnerzahl rund 450 Millionen

Bevölkerungsdichte 109 Einwohner pro km²

2012 wurde die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Historische Entwicklung:

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS): 1951, in Kraft 1952

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG): 1957, in Kraft 1958

EU: 1992, in Kraft 1993

Österreich ist seit 1.1.1995 in der EU