Liberty Steel: Ungewisse Zukunft für 20.000 Stahlarbeiter:innen
Unverantwortliches Management gefährdet die strategische Stahlproduktion in Europa
Die Gewerkschaftsdachverbände industriAll Europe und IndustriALL Global schlagen Alarm und fordern ein Ende des Missmanagements an den europäischen Standorten von GFG Alliance/Liberty Steel. Die Hochöfen in der Tschechischen Republik (Ostrava), in Belgien (Lüttich), Luxemburg (Düdelingen) und im Vereinigten Königreich stehen immer wieder still, insgesamt liegt die Produktion in den europäischen Werken von Liberty Steel auf einem dramatisch niedrigen Niveau. Mehr als 20.000 Beschäftigte in der Tschechischen Republik, Polen, Rumänien, Belgien, Luxemburg, Italien und Ungarn stehen vor einer ungewissen Zukunft.
Kritik von Gewerkschaften hat sich bestätigt
Die Standorte wurden 2018 von ArcelorMittal an die in London ansässige Liberty Steel veräußert, um kartellrechtliche Auflagen der EU-Kommission für die Übernahme eines großen Stahlwerks in Italien zu erfüllen. Bereits damals forderten die Gewerkschaften die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, vom Verkauf strategischer Industrieanlagen an außereuropäische Konkurrenten, die Garantien für die langfristige Aufrechterhaltung der Produktion verweigern, abzusehen. Insbesondere wurde vor der finanziellen Situation von GFG Alliance-Eigentümer Sanjeev Gupta gewarnt, die ernste Zweifel aufkommen ließ, dass Liberty Steel ein rentables Management der übernommenen ArcelorMittal-Standorte gewährleisten kann.
Unternehmen verweigert Information über Finanzen und Investitionspläne
Vier Jahre später haben sich die Befürchtungen bestätigt. Der Investitionsbedarf für die Dekarbonisierung, sowie für Reparaturen und Wiederaufnahme der Produktion in den heruntergefahrenen Werken ist riesig und wächst täglich weiter an. Über die weiteren Pläne hält sich das Unternehmen bedeckt. Informationen an den Europäischen Betriebsrat von Liberty Steel sind unzureichend, wiederholte Bemühungen der Gewerkschaftsdachverbände zu Gesprächen sind bislang gescheitert. Trotz wiederholter Versuche in den letzten 6 Monaten hat Sanjeev Gupta verweigert, eine Gewerkschaftsdelegation zu treffen. Selbst über die Verwendung von öffentlichen Geldern aus Darlehen und Förderungen, die Liberty Steel von einigen Staaten gewährt wurden, herrscht Unklarheit.
Aktionstag am 22. Februar
Anfang Februar informierten Vertreter:innen von industriAll Europe und IndustriALL Global mit EU-Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager über die anhaltenden Missstände. Als Ergebnis des Treffens ist ein hochrangiges EU-Krisentreffen mit Vertreter:innen der Kommission, der betroffenen Mitgliedsstaaten und der Gewerkschaften in Vorbereitung. In der Zwischenzeit halten die Gewerkschaften an den europäischen Standorten von Liberty Steel am 22. Februar einen Aktionstag ab. Im Zentrum der Aktivitäten steht eine Kundgebung vor dem Liberty Steel-Werk in Ostrava. Der tschechische Standort ist mit 6.000 Beschäftigten und weiteren 30.000 Arbeitsplätzen bei Zulieferbetrieben in der Region besonders stark von der Krise betroffen.
Europa braucht Stahl und Stahl braucht Europa!
Die PRO-GE nahm in einem Solidaritätsschreiben an die tschechischen Kolleg:innen Stellung und unterstützt die Forderungen an die europäischen Behörden, dem verantwortungslosen Management bei GFG Alliance/Liberty Steel ein Ende zu setzen und Maßnahmen zum Schutz der Stahlproduktion in Europa zu ergreifen. Der Fall von GFG Alliance/Liberty Steel beweise auch, dass die nationalen Regierungen bei der Gewährung öffentlicher Gelder soziale Auflagen an Industrieinvestoren knüpfen müssten, heißt es in dem Schreiben. Steuergelder für Investitionen sollten Arbeitsplätze sichern und schaffen und nicht gefährden.