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Rohrkrepierer SV-Reform

Statt Patiententenmilliarde Verschlechterungen für Versicherte

PantherMedia / Klaus Ohlenschläger

Vor wenigen Wochen hat die frühere Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) aufhorchen lassen. In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss hat sie eingestanden, dass die Patientenmilliarde, die im Zuge der Sozialversicherungsreform angekündigt wurde, nicht mehr als ein „Marketing-Gag“ gewesen sei. Auch wenn bereits seit längerem klar war, dass die Fusion der Krankenkassen von 21 auf fünf, kein finanzieller Erfolg gewesen ist, zeigt die Bestätigung der damals ressortzuständigen Ministerin dennoch, wie eiskalt die Regierung gelogen hat, um ihr Prestigeprojekt durchzubringen und die Sympathien der Öffentlichkeit zu gewinnen.


PRO-GE Vorsitzender Reinhold Binder: Schluss mit der Geldbörselmedizin!

Dass nicht mehr Geld bei den Versicherten ankommt, sondern sich im Gegenteil die Situation in der Gesundheitsversorgung zuspitzt, bekommen die Patientinnen und Patienten tagtäglich zu spüren: Überfüllte Krankenhausambulanzen, Personalmangel im Pflegebereich und oftmals ist es unvermeidlich, einen Wahlarzt aufzusuchen, wenn man eine zeitnahe ärztliche Versorgung will.

Seit 1. Jänner 2020, dem Inkrafttreten der Sozialversicherungsreform, sind die Ausgaben gestiegen. Wie der Rechnungshof bereits letztes Jahr bestätigt hat, wurde die Verwaltung aller Sozialversicherungsträger sogar um rund 215 Millionen teurer und dies, obwohl von Ex-Kanzler Kurz vollmundig angekündigt wurde, man spare im System. Ebenso sind für den Rechnungshof die hohen Kosten für Berater, die eingesetzt wurden, um den Umbau zu begleiten, nicht nachvollziehbar.

Defizit steigt

Dass die Reform missglückt ist, lässt sich auch am steigenden Defizit der ÖGK ablesen. 2023 lag es bereits bei 397 Millionen Euro. Um das System aufrecht zu erhalten, greift man auf die Rücklagen der Krankenkassen zurück. Lagen diese vor 2020 noch bei über 1,2 Milliarden, sind sie mittlerweile auf 526 Millionen Euro geschrumpft. Hält dieser Trend an, ist mit weiteren Verschlechterungen in der Gesundheitsversorgung zu rechnen. Auch von der versprochenen Leistungsharmonisierung ist nichts mehr zu hören.

Es hat sich jedenfalls die Kritik der Gewerkschaften bestätigt, dass es bei der Zerschlagung der Krankenkassen nie um Vorteile für die Versicherten ging, sondern um eine Machtverschiebung hin zu den Arbeitgebern. Leistungsverbesserungen sind daher nicht zu erwarten. So wurden beispielsweise mehr Psychotherapieplätze auf Krankenschein durch die Arbeitgeberseite abgelehnt. Für Andreas Huss, stv. Obmann der ÖGK und Gewerkschafter, erklärt sich dies dadurch, dass die Wirtschaft ein Interesse daran habe, dass möglichst viele Menschen eine private Zusatzversicherung abschließen. Dies erreiche man durch fehlende Angebote und lange Wartezeiten, so Huss in einem Interview mit dem ORF.

Eine zentrale Forderung der PRO-GE ist daher, dass die Selbstverwaltung der Krankenkassen künftig wieder bei den Arbeitnehmer:innen liegen muss, damit wieder demokratische Entscheidungen im Sinne der Versicherten getroffen werden. Denn jede Form der Zwei-Klassen-Medizin ist abzulehnen, eine gute medizinische Versorgung muss für alle – unabhängig vom Kontostand – sichergestellt sein.

Anzahl der Wahlärzte dramatisch gestiegen

Laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung durch das Gesundheitsministerium hat sich seit 2017 die Anzahl der Wahlärzt:innen dramatisch erhöht. Dass immer mehr Menschen gezwungen sind Wahlärzt:innen aufzusuchen, zeigt sich auch am Anstieg der Refundierungen durch die Krankenkasse. Diese lagen bspw. im Bereich der Augenheilkunde 101 Prozent über jenen aus dem Jahr 2017.